Nico und seine Mama erzählen aus ihrem Leben

Mama liebt alles an Nico, erzählt sie. Seinen Humor. Seine Willensstärke. Sein schelmisches Grinsen. Seine Fröhlichkeit trotz seines eingeschränkten Lebens. Nico lehrt uns alle: Lebt jeden Tag intensiv! Lernt jeden Tag zu schätzen! Die Zeit mit der Familie und lieben Menschen ist so wertvoll. Bedeutende Momente – und seien sie noch so klein – kommen nie wieder.

Das haben auch Mama und Papa von Nico gelernt. Denn jeden Tag kann Nico etwas passieren. Aus jeder vermeintlichen Kleinigkeit kann etwas sehr Ernstes entstehen. Der kleine Mann wird sehr schnell krank, muss dann oft direkt in die Klinik. Nico hat schon sehr viel mitgemacht in seinem Leben. Als er gerade einmal drei Tage alt war, hat er wegen Tumore im Rückenmark und Hirnstamm seine erste Chemotherapie erhalten – die erste von 60! Zudem hat er fünf OPs und 10 MRTs überstanden, ist seit seiner Geburt querschnittsgelähmt.

Eigentlich sollte Nico sein erstes Lebensjahr nicht überleben.

Mama und Papa müssten sich langsam von ihrem kleinen Sohn verabschieden, sagten die Ärzte. Ihrem Würmchen, das gerade erst geboren wurde. Nico, der die Welt entdecken sollte, leben sollte!

Doch Nico ist bewundernswert stark.
Bewundernswert lebensfroh.

Der nun Vierjährige entwickelt sich, ist neugierig, möchte die Welt erkunden. Es gibt wie bei jedem Menschen Höhen und Tiefen. Diese sind bei Nico allerdings noch höher und noch tiefer als bei anderen.

Nico und seine Mama geben Euch wie versprochen ab heute in unregelmäßigen Abständen einen kleinen Einblick in ihren Alltag. Gemeinsam möchten wir Verständnis fördern, auf bereichernde Momente, aber auch Problematiken hinweisen, die von außen nicht zu sehen sind. Habt Ihr Fragen zu Nicos Leben? Zu seinen Krankheiten, zu seinem Alltag? Interessiert Euch ein Aspekt besonders? Benötigt Ihr vielleicht selbst Tipps in einer ähnlichen Situation? Dann meldet Euch gern unter info@laechelwerk.de!

 

Jede Person, die Nico kennenlernt, ist verzaubert von ihm. So fröhlich sein Kieksen, wenn er sich freut. So strahlend seine Augen, wenn er mit seinem E-Rolli herumbraust. Diesen hat er seit ein paar Monaten. Er ermöglicht es ihm, mithilfe einer Art Joystick selbstständig in der Wohnung umherzufahren – auch wenn er anfangs andere Füße, Tische und Kanten vor Freude übersehen hat, erzählt Mama lachend. Wenn Nico tanzen möchte – und das macht er mit Vorliebe – dreht er den E-Rolli im Kreis und singt dabei. „Der Rolli hat ihm so viel Selbstständigkeit geschenkt“, erzählt Mama Ela. „Nun kann er fast überall mit hin; er kann mit den anderen Kindern mithalten und ist nicht mehr so sehr auf mich angewiesen.“

Besonders im Kindergarten kann Nico Kind sein. Hier kann er mit Gleichaltrigen spielen, lernen, Neues entdecken. Die anderen Kids passen auf ihn auf, er passt auf die anderen Kids auf. Nico ist ein vollständiges und geschätztes Mitglied der Gruppe. Wichtig für Mama: Im Kindergarten sollen Nicos Krankheiten (und alles, was sich aus diesen ergibt) für ihn kein Thema sein. Hier geht es nicht um Krankenhäuser, Orthesenanpassung, Schmerzen, Physiotherapie und Co, sondern um sein Kindsein und Freundschaften. Das Kindergarten-Team sei unbezahlbar, sie würden alles für Nicos Integration tun, sagt Mama. Auch auf Kindergeburtstage ist Nico eingeladen und gern gesehener Partygast.

So problemlos verläuft Nicos Alltag leider nicht immer.

Vor Kurzem erst musste Nico erneut ins Krankenhaus. Eine Erkältung ist ihm stark auf die Bronchien geschlagen. Andere Kinder husten den Schleim normal ab. Das kann Nico aber nicht, da ihm wegen seiner Grunderkankung die Kraft dazu fehlt. Wenn sich der Schleim aber festsetzt, kommt es zu einer Lungenentzündung. Je mehr er husten muss, desto eher verlassen ihn die Kräfte, dann kann er nicht essen und nicht trinken… ein Teufelskreis. Manchmal geht es Nico in der Klinik so schlecht, dass Mama Angst um sein Leben hat. Schlaflose Nächte für die Familie. Bangen. Warten. Hoffen. Durch den jüngsten Klinikaufenthalt hat Nico so viel abgenommen, dass sein zarter Körper dringend wieder stärker werden muss. Wenn Nico nicht zunimmt, muss eine PEG-Sonde eingesetzt werden, also langfristige künstliche Ernährung. Das möchte Mama unbedingt verhindern.

„Probleme gibt es nicht. Es gibt Herausforderungen, die bewältigt werden wollen.“

Viel hat sich im Alltag der Familie mittlerweile eingespielt. Zum Beispiel schläft Nico direkt neben dem Bett von Mama, da er nachts umgelagert werden muss. Drei bis zehnmal pro Nacht, das kommt ganz darauf an. Denn schon durch Falten auf seinem Kopfkissen kann Nico Druckstellen bekommen, die ihn schmerzen. Das Dekubitusrisiko – also das Risiko von Wundliegegeschwüren – ist hoch. Auch erhält Nico täglich zuhause Physiotherapie, mehrmals in der Woche auch bei einer Therapeutin, die viele Tipps und Tricks bereithält.

Manchmal jedoch fühlt sich Mama extrem hilflos. Zum Beispiel fängt Nico manchmal plötzlich an zu schreien, aus Leibeskräften, hört nicht auf. Manchmal dauert es, bis klar wird, was der Grund für Nicos Angst ist. Einmal waren es Schlaflieder, die im Hintergrund liefen. Heraus kam: Bei seinem allerersten Klinikaufenthalt durfte Mama nicht bei Nico sein, weil er auf der Intensivstation gelegen hat. Das Klinikteam hat Nico zum Einschlummern Schlaflieder vorgespielt. Natürlich mit bestem Gewissen, um ihn zu beruhigen. Doch für Nico sind Schlaflieder ein Trigger geworden. Eine lähmende Erinnerung an seinen ersten Aufenthalt im Krankenhaus. Für Mama ist das kaum zu ertragen. Eine Traumatherapie – sowohl für Nico als auch für Mama – hilft ihnen, mit all dem umzugehen, intensiviert die Bindung zwischen ihnen noch weiter.

Was Mama und Nico ausmacht: Sie blicken optimistisch in die Zukunft. „Probleme gibt es nicht. Es gibt Herausforderungen, die bewältigt werden wollen“, erzählt Mama Ela. Da heißt es kreativ sein: Möbel auf der Höhe anbringen, an die Nico herankommt. Einen Wischmopp an den E-Rolli befestigen, weil Nico unbedingt mithelfen möchte zu putzen. Um in gesunden Phasen (überlebens)wichtige Maßnahmen zu üben, überlegt sich Mama Spiele. So darf Nico im Glas sein Wasser „bubbeln“, um seine Lunge zu trainieren.

All das macht den Alltag der Familie besonders. Besonders schön, besonders herausfordernd. Auch Nico ist besonders, natürlich. So wie jedes andere Kind. Mit Höhen und Tiefen. Nur dass diese bei Nico, diesem kleinen Sonnenschein, noch höher und noch tiefer sind.

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